Vektorieller Netzwerkanalysator (VNA)
- Manfred Preyer
- 30. Sept.
- 31 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen

Was kann man im "VNA-Bild" ablesen?
Das VNA-Bild ist die visuelle Diagnose für den Zustand Ihres Hochfrequenzsystems.
Existenz von Reflexionen: Ein perfekt angepasstes System ohne Reflexionen hätte eine glatte, gerade S21-Linie. Jede Abweichung (Welligkeit) zeigt Reflexionen an.
Schwere der Fehlanpassung: Die Tiefe der Ripple-Ausläufer (der Unterschied zwischen Maxima und Minima in dB) zeigt, wie stark die Reflexionen sind. Tiefe Nullstellen bedeuten starke Fehlanpassungen.
Lage der Störstellen: Der Abstand zwischen den Ripple-Minima/Maxima in der Frequenzdomäne ist umgekehrt proportional zur elektrischen Länge bis zur Fehlstelle. Ein enges Ripple-Muster weist auf eine lange Leitung hin (wie Ihr 25-Zoll-Kabel), ein sehr weit auseinanderliegendes Ripple auf eine Störstelle sehr nah am VNA.
Einfluss der Störgrößen (Vibration, Temperatur, Feuchtigkeit, Verschmutzung) auf das "VNA-Bild" auf charakteristische Weise:
Vibration: Lässt die Spur wackeln oder verschmieren. Temperatur/Feuchtigkeit: Lassen das gesamte Ripple-Muster langsam wandern (Drift). Verschmutzung: Fügt dem bestehenden Muster neue, unregelmäßige und scharfe Peaks/Nulls hinzu.
Das "VNA-Bild" ist die Schnittstelle zwischen der komplexen Hochfrequenzhardware und dem Ingenieur. Es übersetzt die elektrischen Eigenschaften eines Systems in eine visuelle Form, die interpretiert, analysiert und zur Fehlerdiagnose genutzt werden kann. Die Analyse des Ripple-Musters in diesem Bild ist eine der grundlegendsten Methoden, um die Qualität und Stabilität eines HF-Aufbaus zu beurteilen.
Was bedeutet S21 Normalisation?
S21 Normalisation (auch oft Response Calibration oder Through Normalization genannt) ist eine der einfachsten, aber effektivsten Kalibrierungsmethoden auf einem Vektor-Netzwerkanalysator (VNA), besonders für Messungen des Durchgangsverlusts (Transmission).
Durch die Kalibrierung wird vom VNA die bekannte, unerwünschte Übertragungscharakteristik vom Messaufbau "herausrechnet" um die Charakteristik des zu testenden Bauteils (Device Under Test, DUT) zu messen. Im Prinzip vergleichbar mit der Tara-Funktion einer Waage.
Wie funktioniert eine Kalibrierung?
1. Kalibrierungs-Messung:
Der Messaufbau wird ohne das eigentliche Testobjekt (Device Under Test) direkt angeschlossen. Das bedeutet: Ausgang des ersten Kabels wird direkt mit dem Eingang des zweiten Kabels "Through" verbunden. Das VNA misst und speichert diese Übertragungscharakteristik vom Messaufbauinklusive Dämpfung, Ripple der Kabel, Stecker und Komponenten.
2. Messung mit Testobjekt:
Jetzt wird das Testobjekt eingebaut und das VNA misst erneut die Übertragung. Dieses Mal erhält man als Ergebnis die Charakteristik des Aufbaus und die Charakteristik des Testobjekts.
3. S21 Normalisation - "Herausrechnen" der Kalibrierungswerte:
Das VNA errechnet die reine Charakteristik des Testobjekts durch <herausrechnen der kalibrierten Werte. Dieser Prozess wird Normalisierung genannte und ist nichts anderes als ein Herausrechnen der durch Kalibrierung errechneten Werte. Das "VNA-Bild" zeigt nun die Durchlasskurve Ihres Testobjekts, frei von den Störeffekten des Messsystems.
Was sind die Grenzen der S21 Normalisation:
Die S21 Normalisation korrigiert nur den Transmissionpfad. Es erfolgt keine Korrektur der Impedanz und somit keine Fehlanpassungen der Reflexionen. Für höchste Genauigkeit, eine volle SOLT-Kalibrierung oder Short-Open-Load-Through-Calibration ist notwendig.
Wichtig zu erwähnen ist, dass sich der Messaufbau zwischen Kalibrierung und Messung nicht ändert (gleiche Temperatur, keine Vibration, gleiche Kabelposition).
Worauf muss man beim Kalibrieren mit Hohlkabels aufpassen?
Das Kalibrieren eines Hohlkabels (Hohlleiters) für einen Netzwerkanalysator ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der es auf extreme Präzision ankommt. Ein kleiner Fehler macht die Kalibrierung wertlos und führt zu fehlerhaften Messdaten.
1. Vorbereitung: Mechanische Sorgfalt
Noch bevor der VNA eingeschaltet wird, entscheidet sich der Erfolg.
Sauberkeit: Das kleinste Staubkorn, ein Fettfingerabdruck oder Kratzer in der Hohlleiterfläche zerstört die Wiederholgenauigkeit und verursacht Reflexionen.
Aktion: Verwenden Sie gereinigte und entfettete Komponenten. Reinigen Sie Stecker und Flansche mit Isopropanol und staubfreien Tüchern. Verwenden Sie eine Druckluftdose zum Entfernen von Staub.
Beugen und Torsion vermeiden: Ein Hohlleiter ist kein Koaxialkabel. Jede Biegung, besonders eine mit kleinem Radius, verursacht Modenkonversion (Anregung höherer Moden) und Impedanzstörungen. Dies führt zu Messfehlern (Ripple) und kann die Kalibrierung unmöglich machen.
Aktion: Halten Sie den Hohlleiter so gerade wie möglich. Wenn eine Biegung nötig ist, sollte der Biegeradius so groß wie möglich sein (mehrere Zentimeter). Vermeiden Sie Verdrehungen (Torsion) entlang der Längsachse.
Flanschverbindungen schonend anziehen: Die Verbindung wird nicht mit einem Schraubenschlüssel "festgezurrt", sondern mit einem Drehmomentschlüssel mit dem spezifizierten Anzugsmoment (oft nur wenige Newtonmeter) angezogen. Ein zu festes Anziehen verzieht die Flansche und verursacht Undichtigkeiten; zu locker verursacht schlechten Kontakt und Inkonstanz.
Komponententemperatur angleichen: Bringen Sie alle Komponenten (VNA, Kabel, Adapter, Hohlleiter) auf dieselbe Raumtemperatur. Kalte Komponenten, die in einen warmen Messplatz eingebaut werden, "arbeiten" sich während der Messung in die Länge und verfälschen die Phase.
2. Wahl des Kalibrierverfahrens (SOLT vs. TRL)
SOLT (Short-Open-Load-Through):
Der Standard für Koaxialanschlüsse. Erfordert präzise bekannte Kalibrierstandards.
Problem bei Hohlleitern: Einen "idealen" Breitband-Load (Abschlusswiderstand) für einen Hohlleiter über 33 GHz zu bauen, ist extrem schwierig und teuer. Seine Qualität begrenzt die Kalibriergenauigkeit, besonders die Dämpfungsgenauigkeit.
TRL (Through-Reflect-Line):
Benötigt nur einen Through (Durchgang), ein Reflect (Reflexion, z.B. einen Short) und eine Delay-Line (ein Stück Hohlleiter mit definierter Länge).
TRL ist oft die bessere Wahl für Hohlleiter. Die Standards sind einfacher und präziser herzustellen (ein Stück Hohlleiter ist ein exzellenter Delay-Standard). Es kalibriert die Fehlerkoeffizienten direkt an den beiden Messebenen und ist oft genauer als SOLT, besonders bei hohen Frequenzen.
Der Frequenzbereich einer TRL-Kalibrierung ist durch die Länge der Delay-Line begrenzt. Für 0-33 GHz benötigen Sie möglicherweise mehrere Kalibrier-Kits (z.B. eines für 0-10 GHz, eines für 10-33 GHz).
Empfehlung: Verwenden Sie, wenn möglich, ein Hohlleiter-spezifisches Kalibrierkit und befolgen Sie die Empfehlung des Herstellers (SOLT oder TRL).
3. Durchführung der Kalibrierung
Präzision bei jedem Anschluss: Schließen Sie die Kalibrierstandards stets mit dem gleichen, schonenden Drehmoment an. Vermeiden Sie es, die Komponenten zu verdrehen oder zu wackeln. Jede minimale mechanische Variation zwischen den Anschlüssen führt zu Kalibrierfehlern.
Ortskonstanz: Die Kalibrierung muss exakt an der Ebene durchgeführt werden, an der später auch das Device Under Test (DUT) angeschlossen wird. Wenn Sie einen Adapter zwischen Kalibrierung und Messung einfügen, ist die Kalibrierung ungültig (es sei denn, Sie verwenden „De-Embedding“).
Rauschen und Stabilität: Bei 33 GHz ist das Rauschen ein Thema. Verwenden Sie eine ausreichende Anzahl von Mittelungen (averaging) während des Kalibriervorgangs, um ein stabiles und rauscharmes Ergebnis zu erhalten.
4. Nach der Kalibrierung: Eine Kalibrierung ohne Verifikation ist wertlos. Sie müssen beweisen, dass die Kalibrierung gut war.
Messung eines bekannten Standards: Schließen Sie einen verifizierten Short oder Offset-Short an. Was sehen Sie?
Ideal: Der Short sollte eine Rückflussdämpfung (S11) von nahe 0 dB (perfekte Reflexion) und einen Phasensprung von 180° zeigen.
Real: Überprüfen Sie, ob die angezeigte Dämpfung über den gesamten Frequenzverlauf flach und nahe 0 dB ist und die Phase dem erwarteten Verlauf entspricht. Abweichungen zeigen Kalibrierfehler an.
Through-Messung: Schließen Sie zwei identische Hohlleiter mit einem Through (Flansch-zu-Flansch-Adapter) an. Messen Sie S21 (Durchgangsdämpfung).
Ideal: S21 sollte bei ~0 dB liegen (kaum Verlust).
Real: Sie sehen die geringe, aber reale Dämpfung des Adapters und der Verbindungen. Entscheidend ist ein glatter und vorhersehbarer Verlauf. Ein starker "Ripple" (Welligkeit) deutet auf verbleibende Reflexionen und damit eine schlechte Kalibrierung hin.
Zusammenfassende Checkliste:
Der wichtigste Grundsatz:
Die Kalibrierung versucht, die Fehler der Messkette zu erfassen und mathematisch zu entfernen. Wenn sich die mechanischen Bedingungen zwischen Kalibrierung und Messung auch nur minimal ändern (anderes Drehmoment, andere Biegung, andere Temperatur), sind diese Fehler nicht mehr korrekt und die Messung ist fehlerhaft. Konsistenz und Reproduzierbarkeit sind alles.
Beim Kalibrieren eines Hohlkabels (Hohlleiters) für einen Netzwerkanalysator (VNA) im Bereich von 0-33 GHz gibt es, über die bereits genannten Punkte hinaus, eine Reihe weiterer subtiler und hochspezifischer Besonderheiten zu beachten. Diese sind oft entscheidend für höchste Genauigkeit.
Hier sind die weiteren, tiefergehenden Besonderheiten:
1. Der "Cut-Off"-Effekt und die Ausbreitungsmodi
Dies ist das fundamentalste physikalische Phänomen in Hohlleitern und wirkt sich direkt auf die Kalibrierung aus.
Besonderheit: Ein Hohlleiter hat eine Grenzfrequenz (Cut-Off Frequency, f_c). Unterhalb dieser Frequenz kann sich keine Energie ausbreiten; der Hohlleiter wirkt wie ein Filter. Oberhalb von f_c breitet sich Energie in bestimmten Feldverteilungen, sogenannten Moden, aus. Der gewünschte und dominante Modus ist normalerweise TE₁₀.
Der "0 GHz" Mythos: Die Kalibrierung von "0-33 GHz" ist technisch nicht möglich, wenn der Hohlleiter eine Grenzfrequenz von z.B. 6 GHz hat. Die untere Frequenzgrenze Ihrer Kalibrierung und Messung beginnt erst oberhalb von f_c. Der angegebene Frequenzbereich bezieht sich auf den nutzbaren Bereich des Hohlleiters.
Dispersionskorrektur: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Welle im Hohlleiter ist frequenzabhängig (Dispersion). Die gemessene Gruppenlaufzeit ist nicht konstant. Hochpräzise VNAs können diese Dispersion in der Kalibrierroutine softwaremäßig korrigieren, sofern der Hohlleitertyp (WR-XX) korrekt im VNA ausgewählt ist.
Modenreinheit: Während der Kalibrierung muss sichergestellt werden, dass ausschließlich der gewünschte Grundmodus (TE₁₀) angeregt wird. Störungen (scharfe Biegungen, falsche Adapter) können höhere Moden (TE₂₀, TM₁₁, etc.) anregen, die sich mit anderen Geschwindigkeiten ausbreiten und die Kalibrierung verfälschen.
2. Kalibrierung der Phasenlaufzeit:
Bei Hohlleitern ist die Phasengenauigkeit oft genauso wichtig wie die Amplitudengenauigkeit.
Die elektrische Länge eines Hohlleiters ist stark frequenzabhängig und temperaturabhängig.
Thermische Stabilität: Eine Längenänderung von nur 0.1 mm durch thermische Ausdehnung führt bei 30 GHz bereits zu einer Phasenverschiebung von über 3.6°. Daher muss das gesamte Setup thermisch stabil sein (Einschaltzeit, konstante Raumtemperatur, keine Zugluft).
Definition der Referenzebene: Bei einer TRL-Kalibrierung definiert die physikalische Länge der "Line" die elektrische Länge und damit die Phasenreferenz. Diese Länge muss mit extremer mechanischer Präzision bekannt sein.
3. Anschluss- und Adapter-Integrität:
Der Übergang vom VNA (typischerweise mit koaxialen Anschlüssen, z.B. 2.92mm) zum Hohlleiter ist eine kritische Fehlerquelle.
Besonderheit: Jeder Koaxial-zu-Hohlleiter-Adapter ist ein komplexes Bauteil, das eine möglichst modenreine und reflexionsarme Umwandlung der Wellenausbreitung leisten muss.
Was zu beachten ist:
Adapter-Charakterisierung: Hochwertige Adapter werden vom Hersteller mit einem eigenen Kalibrierzertifikat geliefert, das ihre Dämpfung und Phasenlaufzeit charakterisiert.
Adapter als fester Bestandteil: In der Praxis kalibriert man den VNA oft einschließlich dieser Adapter. Das bedeutet, die Kalibrierebene wird an der Hohlleiter-Flanschseite des Adapters definiert. Die Adapter werden somit Teil der Kalibrierkette und deren Fehler werden herausgerechnet.
Drehmoment und Reproduzierbarkeit: Der Anschluss des koaxialen Steckers am VNA-Port muss immer mit dem gleichen, spezifizierten Drehmoment erfolgen. Jede Variation ändert die Reflexionseigenschaften minimal und führt zu Reproduzierbarkeitsfehlern.
4. Spezielle Verifikationsmethoden
Nach der Kalibrierung sind einfache Checks oft nicht ausreichend.
Besonderheit: Die Leistungsfähigkeit der Kalibrierung zeigt sich besonders in der Messung von Komponenten, die dem Hohlleiter selbst ähneln.
Was zu beachten ist:
Messung eines "Offset-Short": Ein idealer Short reflektiert alles mit einer Phasenumkehr von 180°. Ein Offset-Short (ein Short mit einem genau bekannten Hohlleiterstück davor) hat eine frequenzabhängige Phase. Das gemessene Ergebnis sollte exakt dem theoretisch berechneten Phasenverlauf entsprechen. Abweichungen zeigen Restfehler in der Kalibrierung an.
Messung einer "Wellenimpedanz": Nach einer perfekten Kalibrierung sollte die Impedanz eines leeren, gut abgeschlossenen Hohlleiterstücks über dem gesamten Frequenzband den erwarteten Wert zeigen (nicht 50 Ohm wie im Koaxialen, sondern die wellenwiderstandsähnliche Eigenschaft des Hohlleiters).
5. Umgebungsbedingungen und Kalibrierintervall
Besonderheit: Hohlleiter-Setups sind aufgrund ihrer mechanischen und thermischen Sensitivität weniger stabil als koaxiale Setup.
Was zu beachten ist:
Häufigere Kalibrierung: Ein Hohlleiter-Messplatz muss likely häufiger kalibriert und verifiziert werden als ein koaxialer Aufbau, besonders wenn Komponenten getauscht oder der Hohlleiter bewegt wurden.
Dokumentation des Setups: Fotografieren Sie das exakte Setup (Verlauf der Kabel, Anzugsmomente) nach der Kalibrierung. Nur so können Sie es zu einem späteren Zeitpunkt exakt reproduzieren.
Zusammenfassende Tabelle der weiteren Besonderheiten
Der gemeinsame Nenner all dieser Besonderheiten ist Stabilität und Reproduzierbarkeit. Während bei Koaxialanschlüssen oft "fest anziehen" genügt, geht es bei Hohlleitern um die präzise Kontrolle von Mechanik, Thermodynamik und elektromagnetischer Feldtheorie.
Beim Kalibrieren von Hohlleitern im Millimeterwellenbereich (wie 0-33 GHz) gibt es eine Reihe weiterer, tiefergehender Besonderheiten, die für höchste Präzision entscheidend sind. Diese gehen über die Grundlagen der mechanischen Handhabung hinaus und betreffen oft messtechnische und elektromagnetische Feinheiten.
Hier sind weitere, weniger offensichtliche, aber kritische Besonderheiten:
1. Der "Waveguide-Mode": Die Definition der Kalibrierebene
Im Gegensatz zu koaxialen Kalibrierungen, die von einer definierten Impedanz (50 Ω) ausgehen, muss sich die Kalibrierung im Hohlleiter von der physikalischen Ebene lösen.
Besonderheit: Die Kalibrierebene wird nicht durch den physischen Flansch, sondern durch die elektrische Ebene des Wellenmodus definiert. Bei einer TRL-Kalibrierung definiert die präzise bekannte elektrische Länge der "Line" die Phasenreferenz.
Konsequenz: Die Kalibrierung kompensiert die Ausbreitungseffekte bis zu dieser elektrischen Ebene. Eine minimale mechanische Unsicherheit in der Länge der Kalibrierstandards (Short, Through, Line) führt direkt zu einer Phasenunsicherheit im gesamten Messergebnis.
2. Die Bedeutung der "Waveguide Impedance"
Besonderheit: Das Konzept der "Impedanz" ist im Hohlleiter anders definiert als im koaxialen Bereich (wo es 50 Ω sind). Man spricht von der Wellenimpedanz des jeweiligen Modus (z.B. für TE₁₀), die frequenzabhängig ist.
Konsequenz: Die Kalibrierung (z.B. mit TRL) rechnet nicht auf einen festen Widerstandswert wie 50 Ω zurück, sondern ermittelt die Fehlerkoeffizienten bezogen auf die charakteristische Impedanz des Hohlleiters. Dies muss der VNA-Algorithmus korrekt handhaben. Beim Anzeigen der Impedanz (z.B. in einem Smith-Diagramm) wird diese meist dennoch auf 50 Ω normiert, was eine Transformation darstellt.
3. Exakte Positionierung der Kalibrierstandards
Besonderheit: Die Repeatability (Wiederholgenauigkeit) beim An- und Abschrauben der Kalibrierstandards ist der größte praktische Limitierungsfaktor für die erreichbare Genauigkeit.
Konsequenz: Jeder Wechsel eines Standards führt zu minimalen Variationen in der Position der Kontaktfläche. Bei 33 GHz (Wellenlänge λ ≈ 9 mm im Freiraum, noch kleiner im Hohlleiter) entsprechen Verschiebungen im µm-Bereich bereits signifikanten Phasenänderungen. Diese Fehler sind oft größer als die spezifizierte Genauigkeit der Standards selbst.
4. Kalibrierung der Querverlustes (Cross-Talk)
Besonderheit: Bei sehr hohen Frequenzen kann es zu einer energetischen Kopplung zwischen Port 1 und Port 2 des VNAs kommen, die nicht durch das Device Under Test (DUT) verursacht wird – z.B. durch Überstreustrahlung an Verbindungsstellen oder innerhalb des VNAs.
Konsequenz: Besonders bei der Messung sehr hoch entkoppelter Bauteile (z.B. Filter mit starker Dämpfung in der Sperrfrequenz) muss der Cross-Talk kalibriert werden. Dies geschieht oft durch eine zusätzliche Messung mit abgeschlossenen Ports ("Load Match"-Messung während der Kalibrierung), um dieses Rauschen und die direkte Kopplung zu charakterisieren und zu subtrahieren.
5. Berücksichtigung der Dämpfung (Loss)
Besonderheit: Die Dämpfung in einem Hohlleiter ist nicht nur ohmscher Natur, sondern auch eine Funktion der Oberflächenrauigkeit. Bei 33 GHz wird der Skin-Effekt extrem dünn, und jede Unebenheit der Innenwand erhöht den Verlust.
Konsequenz: Für höchste Genauigkeit, besonders in der Dämpfungsmessung (S21), müssen die Kalibrierstandards (besonders die "Line" bei TRL) eine exakt bekannte und charakterisierte Dämpfung haben. In modernen VNAs kann diese Dämpfung als bekannt vorausgesetzt und im Kalibrieralgorithmus berücksichtigt werden ("Lossy TRL").
6. Nutzung von "De-Embedding" und "Port Extension"
Besonderheit: Oft kann oder will man nicht direkt an den gewünschten Messebenen kalibrieren (z.B. an den Chipsonden eines Wafers).
Konsequenz: Man kalibriert an zugänglichen Punkten (z.B. am Ende eines Hohlleiteradapters) und verwendet dann mathematische Modelle (De-Embedding), um die Effekte der dazwischenliegenden Struktur (Adapter, Hohlleiterstück) zu entfernen und die Messebene virtuell zu verschieben. Dies erfordert ein sehr genaues Elektromodell der zu entfernende Komponente.
7. Umgebungsbedingungen und deren Dokumentation
Besonderheit: Die Ausbreitungseigenschaften von Luft im Hohlleiter ändern sich leicht mit Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, da sich der Brechungsindex ändert.
Konsequenz: Für höchste Genauigkeit im Millimeterwellenbereich müssen die Umgebungsbedingungen (Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit) erfasst werden. Moderne VNAs können diese Daten eingelesen bekommen und die elektrische Länge der Kalibrierung entsprechend anpassen (Environmental Compensation).
Fazit - Die Kalibrierung bei diesen Frequenzen ist eine Wissenschaft für sich:
Die systematischen Fehler der Messung müssen nicht nur erkannt, sondern auch in ihrem physikalischen Verhalten perfekt modelliert sein. Die Kalibrierung ist der Versuch, diese Modelle mit Hilfe von Präzisionsstandards mit Parametern zu füttern. Jede Abweichung in der Mechanik, Thermodynamik oder Elektromagnetik der Standards führt direkt in einen Restfehler im Ergebnis.
Die größte Herausforderung ist oft nicht die Kalibriermethode selbst, sondern die garantierte mechanische und thermische Reproduzierbarkeit jedes einzelnen Schrittes, um diese subtilen Fehler überhaupt konstant und beherrschbar zu halten.
Welche detaillierten Besonderheiten gibt es beim Deembedding bei Frequenzen bis 33 GHz?
De-Embedding bei Frequenzen bis 33 GHz, also im Bereich von S-Band bis Ka-Band, ist eine anspruchsvolle, aber entscheidende Aufgabe in der Hochfrequenzmesstechnik. Die Besonderheiten gegenüber niedrigeren Frequenzen werden hier extrem wichtig.
Hier eine detaillierte Aufschlüsselung der Besonderheiten, Herausforderungen und bewährten Methoden:
1. Die Grundidee vom De-Embedding:
Ziel ist es, den Einfluss der Teststruktur (Fixture, Probes, Transmission Lines) von der Messung der eigentliche Device-Under-Test (DUT) zu entfernen. Man misst nicht das DUT direkt, sondern eine gesamte Struktur (DUT + Fixture). De-Embedding rechnet die Fixture-Effekte mathematisch heraus, um die S-Parameter des reinen DUT zu erhalten.
2. Besonderheiten und Herausforderungen bei 33 GHz:
Bei diesen Frequenzen dominieren Effekte, die bei niedrigen Frequenzen vernachlässigbar sind:
a) Dispersion und Frequenzabhängigkeit der Verluste:
Hauteffekt (Skin Effect): Der Widerstand der Leiterbahnen nimmt mit der Wurzel der Frequenz zu. Dies führt zu frequenzabhängigen Verlusten (α ~ √f), die im Modell der Fixture berücksichtigt werden müssen.
Dielektrische Verluste: Die Verluste im Substratmaterial (z.B. FR4, Rogers-Material) sind nicht mehr vernachlässigbar. Der Verlusttangens (tan δ) führt zu einer zusätzlichen Dämpfung, die linear mit der Frequenz zunimmt.
Dispersion: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Welle auf einer Leitung ist frequenzabhängig. Dies bedeutet, dass die elektrische Länge der Fixture eine Funktion der Frequenz ist. Ein einfaches, frequenzunabhängiges Längenmodell reicht nicht mehr aus.
b) Strahlung und parasitäre Moden:
Abstrahlverluste: Bei 33 GHz haben Strukturen wie offene Enden (Open) oder Kurven in Leitungen eine vergleichbare Größe wie die Wellenlänge (~9 mm in Luft). Dies kann zu signifikanter Abstrahlung führen, die sich als zusätzlicher, nicht-idealer Verlust im Messergebnis niederschlägt.
Oberwellenanregung: Diskontinuitäten (z.B. scharfe Übergänge, Via-Holes) können höhere Moden anregen. Ein reines TEM- oder Quasi-TEM-Modell der Leitung ist oft nicht mehr ausreichend. Vollwellen-Simulationen (EM-Simulation) werden essentiell.
c) Kalibrierungsgenauigkeit und Reproduzierbarkeit:
Probenkontakt: Die Positionierung und Reproduzierbarkeit der Probe-Kontakte (Probes) wird kritischer. Minimale Unterschiede in der Landeposition oder Kontaktkraft können die Messung bei 33 GHz bereits merklich verfälschen.
Kalibrierungsstandard-Qualität: Die Qualität der Kalibrierstandards (Open, Short, Load, Thru) auf dem Impedanzstandard-Substrat (ISS) muss exzellent sein. Ihre Modelle müssen über den gesamten Frequenzbereich bis 33 GHz hochpräzise sein.
Phasengenauigkeit: Der elektrische Pfad muss äußerst präzise modelliert werden. Ein Fehler von nur 100 µm in der Länge führt bei 33 GHz bereits zu einem Phasenfehler von über 4°.
Was sind die gängigstn De-Embedding-Methoden für hohe Frequenzen:
Für 33 GHz sind einfache Methoden (wie z.B. einfache Subtraktion der Verzögerung) unzureichend. Diese Methoden sind state-of-the-art:
1. LRM/LRRM-Kalibrierung (Line-Reflect-Match / ...-Reflect-Reflect-Match)
Funktionsweise: Dies ist eine Probe-Spitzen-Kalibrierung, die die Messreferenzebene direkt auf die Spitzen der Probes setzt. Sie ist der Goldstandard.
Vorteil für 33 GHz: Sie kompensiert die meisten Fehler des VNAs (Vector Network Analyzer) und der Probes selbst und liefert eine äußerst genaue Referenzebene.
Besonderheit: Für ein gutes Ergebnis bei 33 GHz müssen die Modelle der Kalibrierstandards auf dem ISS absolut stimmen. LRRM ist eine Erweiterung, die Toleranzen in den Standards besser handhabt.
2. Die "Thru-Reflect-Line" (TRL) Familie
Funktionsweise: TRL kalibriert sich mit eigenen, auf dem DUT-Substrat gefertigten Strukturen. Man benötigt mindestens eine "Thru"-Verbindung, ein "Reflect" (oft ein offenes oder kurzes Ende) und eine "Line" (eine Leitung mit bekannter, von der Thru differenter Länge).
Vorteil für 33 GHz: Dies ist die präziseste Methode für hohe Frequenzen, da sie die Ausbreitungseigenschaften der „tatsächlichen“ Leitung auf dem „tatsächlichen“ Substrat misst und nicht auf einem separaten ISS. Sie erfasst Dispersion und Verluste automatisch und korrekt.
Nachteil: Erfordert zusätzlichen Platz auf dem Wafer/Substrat für die Kalibrierstrukturen.
3. Methoden nach der Kalibrierung (Post-Calibration De-Embedding)
Auch nach einer LRM/Kalibrierung sind die Probespitzen noch nicht am DUT. Dazwischen liegt oft eine kurze Leitung ("Pad“). Diese muss entfernt werden. Hierfür gibt es zwei Hauptmethoden:
a) Open-Short De-Embedding:
Voraussetzung: Auf dem Substrat müssen neben dem DUT auch Strukturen gemessen werden, die nur aus den Input-Pads ("Open") und aus den Input-Pads, die kurzgeschlossen sind ("Short") bestehen.
Funktionsweise: Aus dem "Open"-Messung lässt sich die Kapazität der Pads ermitteln, aus dem "Short" deren Induktivität. Diese Parasitärlemente werden dann aus der DUT-Messung herausgerechnet.
Grenzen bei 33 GHz: Dieses Modell ist ein lumpiertes Modell (nur diskrete L/C-Bauteile). Bei 33 GHz verhalten sich die Pads jedoch bereits wie verteilte Elemente (Transmissionsleitungen). Open-Short wird daher mit zunehmender Frequenz ungenauer, kann aber für sehr kurze Pads noch akzeptabel sein.
b) "Port Extension" / "Length Extension":
Funktionsweise: Man gibt dem VNA die physikalische Länge und die Ausbreitungseigenschaften (effektive Dielektrizitätskonstante ε_eff) der Leitung zu den Pads vor. Der VNA rechnet dann die Phasenverschiebung und Dämpfung dieser Leitung heraus.
Grenzen bei 33 GHz: Die Genauigkeit lebt und stirbt mit der Genauigkeit der Eingabe von Länge und ε_eff. Da beide Parameter frequenzabhängig sind (Dispersion!), ist dies oft nur eine Näherung.
c) Methoden mit virtuellen 4-Port-Messungen (Für 2-Port-DUTs)
Funktionsweise (vereinfacht): Die Anschlussleitungen zum DUT werden als bekannte, verlustbehaftete Transmission Lines modelliert. Die gesamte Fixture wird als 4-Port-Netzwerk betrachtet, dessen Parameter man aus den Messungen der Teststrukturen (Open, Short, Thru) ableitet. Anschließend wird dieses 4-Port-Netzwerk mathematisch de-embedded.
Vorteil: Diese Methode modelliert die Fixture als verteiltes System und ist daher für hohe Frequenzen bis 33 GHz sehr viel genauer und robuster als Open-Short.
Umsetzung: Diese Algorithmen sind in modernen VNA-Firmwares und Analyse-Softwarepaketen (z.B. Keysight IC-CAP, Simulator Plug-Ins) implementiert.
4. Zusammenfassung und Best Practices für 33 GHz:
Kalibrierung ist König: Führen Sie eine hochpräzise LRM/LRRM-Kalibrierung auf einem qualitativ hochwertigen ISS durch, um die Referenzebene auf die Probespitzen zu bringen.
Verwenden Sie EM-Simulation: Simulieren Sie Ihre Test-Fixture (Pads, Leitungen) mit einem elektromagnetischen Feldsimulator (z.B. Ansys HFSS, CST, Sonnet). So erhalten Sie ein genaues, verteiltes Modell der Parasitiken, das die Dispersion und Verluste korrekt erfasst.
TRL wenn möglich: Wenn Sie den Platz auf dem Substrat haben, ist TRL die genaueste Methode, da sie alle Substrateigenschaften direkt misst.
Vermeiden Sie Open-Short für kritische Anwendungen: Für präzise Messungen bei 33 GHz ist das einfache Open-Short-De-Embedding oft nicht ausreichend. Greifen Sie auf die 4-Port-/Verteilte-Methoden zurück.
Designen Sie Ihre Teststrukturen mit: Die De-Embedding-Strukturen (Open, Short, Thru) müssen auf dem exakt gleichen Substrat und mit dem exakt gleichen Layout-Prozess wie das DUT gefertigt sein.
Dokumentation und Reproduzierbarkeit: Dokumentieren Sie alle Schritte, Parameter und verwendeten Modelle genau. Die Reproduzierbarkeit der Probe-Kontaktierung ist critical.
Fazit:
Bei 33 GHz versagt die Intuition der Niederfrequenztechnik. Erfolg hängt von der präzisen Berücksichtigung von verteilten Effekten, Verlusten und Dispersion durch die Kombination von hochwertiger Kalibrierung, EM-Simulation und fortgeschrittenen De-Embedding-Algorithmen ab.
Welche besonderen Vorsichtsmaßnahmen/Tipps/Tricks bei deembedding gibt es?
De-Embedding ist sowohl eine Kunst als auch eine Wissenschaft. Bei hohen Frequenzen machen sich kleine Fehler sofort bemerkbar. Hier sind die besonderen Vorsichtsmaßnahmen, Tipps und Tricks, die den Unterschied zwischen einer guten und einer fehlerhaften Messung ausmachen.
Grundlegende Philosophie
Garbage In, Garbage Out. Die Qualität Ihrer De-Embedding-Ergebnisse hängt direkt von der Qualität Ihrer Kalibrierung, Ihrer Teststrukturen und Ihrer Modelle ab.
1. Vorsichtsmaßnahmen (Was Sie unbedingt vermeiden müssen)
a) Bei der Kalibrierung und Messung
Schlechte Kalibrierung: Eine hastige oder unsaubere Kalibrierung ist der häufigste Fehler. Tipp: Reinigen Sie Ihre Probes und das Impedanz-Substrat (ISS) vor jeder Kalibrierung mit Isopropanol und Stickstoff. Überprüfen Sie die Kalibrierung mit einem bekannten Standard (z.B. einer Linie).
Nicht-temperaturstabile Umgebung: Warten Sie nach dem Anschalten des VNA und der Probenstation mindestens 30-60 Minuten, bis sich alles thermisch stabilisiert hat. Thermisches "Driften" verfälscht die Phase.
Schlechter Kontakt: Sorgen Sie für konsistenten Kontaktdruck und Landeposition der Probes. Jeder "Wackler" führt zu Reproduzierbarkeitsfehlern. Nutzen Sie ein Mikroskop mit hoher Vergrößerung.
Vernachlässigen der Umgebung: Schließen Sie die Haube der Probenstation! Luftzug und Temperaturschwankungen im Raum wirken sich aus.
b) Beim Design der Teststrukturen
Vernachlässigen der EM-Kopplung: Die De-Embedding-Strukturen (Open, Short, Thru) müssen identisch und in unmittelbarer Nähe zum DUT liegen. Unterschiede in der Umgebung (Grundebene, benachbarte Strukturen) verändern die parasitären Kapazitäten und Induktivitäten.
Falsche "Open"-Struktur: Das "Open" muss exakt den Eingang des DUT nachbilden, nur ohne das DUT selbst. Es dient dazu, die Parallel-Kapazität der Pads zu charakterisieren.
Falsche "Short"-Struktur: Das "Short" muss einen idealen Kurzschluss am gleichen Punkt wie das DUT haben. Es charakterisiert die Serien-Induktivität der Zuleitung. Ein Via zum Ground muss sehr niederinduktiv sein.
Unterschätzen der "Thru"-Struktur: Der "Thru" muss mit derselben Leitungslänge und -geometrie wie die Verbindung zum DUT gefertigt sein. Sein Zweck ist es, die Ausbreitungseigenschaften der Leitung zu charakterisieren.
2. Tipps & Tricks für die Praxis
a) Vor der Messung
1. EM-Simulation ist Ihr bester Freund:
Simulieren Sie Ihre Teststrukturen (Open, Short, Thru, DUT) bereits im Designstadium mit einem EM-Simulator (z.B. HFSS, ADS Momentum).
Trick: Führen Sie ein "virtuelles De-Embedding" in der Simulation durch. Wenn Sie das simulierte Ergebnis der Fixture + DUT messen und dann de-embedden, sollten Sie exakt wieder das simulierte reine DUT erhalten. Funktioniert dies nicht, ist Ihr De-Embedding-Verfahren fehlerhaft.
2. TRL bevorzugen:
Wenn Sie die Wahl und den Platz haben, verwenden Sie TRL/TRM. Es ist der Goldstandard für hohe Frequenzen, da es die tatsächlichen Ausbreitungseigenschaften Ihrer Leitung auf Ihrem Substrat misst und nicht modelliert.
3. Teststruktur-Design:
Trick: Platzieren Sie die De-Embedding-Strukturen (O, S, L, T) in unmittelbarer Nähe zum DUT, idealerweise symmetrisch und in der gleichen Orientierung.
Bauen Sie verschiedene Leitungslängen ein (z.B. "Thru", "Line1", "Line2"). Dies erlaubt eine Konsistenzprüfung Ihrer Ergebnisse.
b) Während der Messung
4. Konsistenzcheck:
Messen Sie alle Teststrukturen (O, S, T, DUT) ohne die Probes abzusetzen. Jedes Ansetzen führt zu kleinen Kalibrierungsfehlern.
Messen Sie die "Thru"-Struktur. Ihr S21 sollte nach dem De-Embedding sehr nahe bei 0 dB liegen (mit minimaler Dämpfung) und eine lineare Phase haben. Abweichungen zeigen Fehler an.
5. Überprüfen der Kalibrierung:
Nach der Kalibrierung messen Sie einen Verifizierungsstandard auf Ihrem ISS, typischerweise eine Verzögerungsleitung (Delay Line). S11 sollte einen sehr kleinen Reflexionsfaktor haben (nahe der Mitte des Smith-Diagramms), und S21 sollte bei 0 dB liegen.
c) Nach der Messung (Datenanalyse)
6. Plausibilitätsprüfungen:
Kausalität: Die de-embeddeden S-Parameter müssen kausal sein. D.h., die Impulsantwort darf nicht vor dem Zeitpunkt t=0 beginnen. Verwenden Sie Tools, um die Kausalität zu prüfen.
Passivität: Das de-embeddede DUT sollte passiv sein (wenn es ein passives Bauteil ist), d.h. die Netzwerk-Passivität sollte erfüllt sein. Nicht-Passivität ist ein sicheres Zeichen für Fehler im De-Embedding-Prozess.
Erwartetes Verhalten: Stimmt das Ergebnis mit Ihrer Erwartung (z.B. aus der Simulation) überein? Eine Leitung sollte eine linear mit der Frequenz abfallende Phase haben.
7. Der "Length"- oder "Guesstimate"-Trick:
Wenn Sie die ungefähre Länge der Zuleitung kennen, können Sie eine "Port Extension" im VNA durchführen, um die Referenzebene grob vorzuschieben. Vorsicht: Dies ignoriert Verluste und Dispersion, ist aber ein schneller erster Check, ob die Phase plausibel aussieht.
8. Vergleich verschiedener Methoden:
Wichtigster Trick: Wenden Sie mehrere unabhängige De-Embedding-Methoden auf dieselben Rohdaten an (z.B. Open-Short, 4-Port-Methode, TRL).
Wenn Open-Short, 4-Port-Methode und TRL übereinstimmende Ergebnisse liefern, können Sie Ihrem Ergebnis sehr hoch vertrauen.
Weichen die Ergebnisse voneinander ab, müssen Sie die Ursache finden (meist schlechte Teststrukturen oder ungenaue Modelle). TRL wird in allgemein als Referenz betrachtet.
Zusammenfassende Checkliste für sicheres De-Embedding
Letzter, entscheidender Trick: Dokumentieren Sie jeden Schritt genau: Welches ISS, welcher Kalibrierungs-Typ, gemessene Dateien, verwendete Algorithmen, Software-Einstellungen. Nur so können Sie Ergebnisse reproduzieren und Fehler systematisch finden.
Links zu Seiten über Deembedding Besonderheiten
Hier finden Sie eine Liste von Links zu Seiten und Ressourcen, die die Besonderheiten des De-Embeddings, besonders für hohe Frequenzen, detailliert erklären.
Die Auswahl umfasst eine Mischung aus wissenschaftlichen Papers (die die Theorie fundiert darlegen), Application Notes führender Messtechnik-Hersteller (sehr praxisnah) und Tutorials.
1. Wissenschaftliche Papiere & Konferenzbeiträge (Sehr detailliert, theoretisch fundiert)
1. De-embedding Techniques" von Andrea Ferrero (IEEE Microwave Magazine)
Link: [https://ieeexplore.ieee.org/document/9662824](https://ieeexplore.ieee.org/document/9662824)
Besonderheit: Ein exzellenter Übersichtsartikel eines der führenden Experten auf dem Gebiet. Vergleicht verschiedene Methoden (Open-Short, TRL, etc.) und diskutiert deren Grenzen und Fehlerquellen. Sehr zu empfehlen für ein tiefes Verständnis. (Zugang nur über Institutionslizenz).
2. Buchkapitel: "Microwave De-embedding"
Besonderheit: Dies ist das wohl umfassendste Werk zum Thema. Das gesamte Buch ist dem De-Embedding gewidmet. Das verlinkte Kapitel gibt einen Einblick, aber das gesamte Buch ist eine unschätzbare Ressource.
2. Application Notes & Whitepapers der Industrie (Praxisfokus, Anwendungsbezogen)
3. Keysight Technologies (früher Agilent): „De-embedding and Embedding S-Parameter Networks Using a Vector Network Analyzer"
Besonderheit: Ein Klassiker. Erklärt die Grundlagen und die Durchführung von Open-Short-De-Embedding sehr klar und verständlich. Perfekt für den Einstieg in die Praxis.
4. FormFactor (ehemals Cascade Microtech): "A Guide to Better Vector Network Analyzer Calibrations and Measurements"
Besonderheit: Kommt von einem Hersteller von Probersystemen. Sehr praxisnah mit Fokus auf On-Wafer-Messungen und den Herausforderungen bei hohen Frequenzen. Geht auch auf TRL ein.
5. Maury Microwave: "De-embedding and Embedding"
Besonderheit: Bietet eine gute Mischung aus Theorie und Praxis und diskutiert auch die Fehleranalyse. Maury ist bekannt für Kalibrier-Kits und Messtechnik.
3. Tutorials & Erklärungen von Hochschulen (Didaktisch gut aufbereitet)
6. Boeing Tutorial: "S-Parameter De-embedding"
Besonderheit: Ein sehr bekanntes, etwas älteres aber immer noch gültiges Tutorial. Erklärt die mathematischen Grundlagen und die Grenzen von Open-Short sehr klar.
7. Coursera / Universität Colorado Boulder: "RF and millimeter-Wave Circuit Design" Specialization
Besonderheit: In Kurs 4 ("Microwave and Millimeter-wave Circuit Design") wird De-Embedding in den Video-Vorlesungen behandelt. Sehr gut für das visuelle und auditive Lernen. (Kostenpflichtig, oft mit kostenlosem Audit).
4. Videos & Webinare (Visuelle Erklärung)
8. Keysight: "De-embedding Made Easy" Webinar
Link:[https://www.youtube.com/watch?v=5L_6QjDfnTs](https://www.youtube.com/watch?v=5L_6QjDfnTs)
Besonderheit: Ein gutes Webinar, das die praktische Umsetzung im VNA zeigt und die Herausforderungen diskutiert.
9. Rohde & Schwarz: "Understanding Vector Network Analysis" (Buch & Begleitmaterial)
Besonderheit: Dies ist ein umfassendes (und kostenloses) Buch zur VNA-Messtechnik. Kapitel zu Kalibrierung und De-Embedding sind enthalten. Eine der besten allgemeinen Ressourcen für HF-Messtechnik.
Suchtipps für eigene Recherchen:
Suchbegriffe: Verwenden Sie präzise Begriffe in Google Scholar oder IEEE Xplore:
* `"de-embedding" "open short" limitations`
* `"TRL calibration" on-wafer`
* `"fixture de-embedding" microwave`
* `"multiport de-embedding"`
Hersteller-Websites:
Die Websites von Keysight, Rohde & Schwarz, Anritsu und FormFactor haben exzellente Application Notes und Webinare in ihren Support-/Resources-Bereichen.
Besonderheiten von den Path-Equip-Messungen (nach dem Deembedden)
Die Besonderheiten von Path-Equip-Messungen (auch bekannt als "Adapter-Entfernung" oder "Fixture-Simulation") nach dem De-Embedding sind ein fortgeschrittener, aber entscheidender Schritt, insbesondere in der Schaltungs- und Systementwicklung.
Während sich De-Embedding damit beschäftigt, unerwünschte Elemente (Fixture, Pads) zu entfernen, um das reine DUT zu charakterisieren, geht es bei Path-Equip darum, virtuelle Elemente (Adapter, Leitungen, Filter) hinzuzufügen, um das Verhalten des DUT in einer realen Umgebung vorherzusagen.
Hier sind die wesentlichen Besonderheiten, Herausforderungen und Tipps:
1. Grundkonzept: Was Path-Equip ist
Ziel: Sie haben die S-Parameter Ihres nackten DUT (durch De-Embedding gewonnen). Jetzt möchten Sie wissen, wie sich dieses DUT verhält, wenn es über einen bestimmten Adapter oder eine Leitung in ein größeres System eingefügt wird.
Vorgehen: Beim Path-Equip wird das Modell dieses Adapters (ebenfalls als S-Parameter-Datei) mathematisch mit den S-Parametern des DUT kaskadiert (verbunden). Das Ergebnis sind die S-Parameter der Gesamtstruktur DUT + Adapter.
Analogie:
De-Embedding: Sie entfernen die Verpackung, um den reinen Schokoriegel zu wiegen.
Path-Equip: Sie packen den Schokoriegel virtuell in eine neue, andere Verpackung, um zu sehen, wie viel das neue Gesamtpaket wiegt.
2. Besonderheiten und Herausforderungen
Die Haupttücke liegt in der Qualität der Modelle und den Randbedingungen.
Modellqualität des "Paths" (Adapters)
"Garbage In, Garbage Out" gilt hier extrem: Die Genauigkeit Ihrer Path-Equip-Ergebnisse ist direkt abhängig von der Genauigkeit der S-Parameter des Adapters, den Sie hinzufügen.
Woher kommen die Adapter-S-Parameter?
1. Idealerweise aus einer genauen Messung: Sie messen den physischen Adapter selbst mit einem VNA (ordentlich kalibriert auf die Anschlüsse des Adapters).
2. Aus einer EM-Simulation: Sie simulieren den Adapter in einem EM-Simulator (HFSS, CST). Das ist sehr genau, wenn Materialparameter und Geometrie korrekt sind.
3. Aus einem einfachen Modell: Sie modellieren den Adapter als ideale Leitung mit bestimmter Länge und Dämpfung. Das ist bei hohen Frequenzen oft zu ungenau!
Stabilitäts- und Passivitätsprobleme
Kaskadierung instabiler Netzwerke: Wenn Ihr DUT (z.B. ein Verstärker) potentiell instabil ist, kann die Kaskadierung mit einem Adapter die Schwingneigung drastisch verändern. Der Adapter kann Reflexionen erzeugen, die den Verstärker zum Schwingen bringen – ein Effekt, der in der Simulation sichtbar wird, aber in der Realität zur Zerstörung führen kann.
Überprüfung der Passivität: Stellen Sie sicher, dass der Adapter selbst ein passives Netzwerk ist. Seine S-Parameter sollten die Passivitätskriterien erfüllen. Nicht-passive Adapter-Modelle führen zu physikalisch unmöglichen Ergebnissen.
Referenzimpedanz-Anpassung
Herausforderung: Die S-Parameter Ihres DUT und die Ihres Adapters müssen auf die gleiche Referenzimpedanz normiert sein (meist 50 Ohm). Wenn Sie einen Adapter modellieren, der selbst eine Impedanztransformation durchführt (z.B. ein Anpassungsnetzwerk), müssen die Modelle dies korrekt abbilden.
Besonderheit: Moderne VNAs und Simulationssoftware können dies meist automatisch handhaben, aber es ist eine kritische Fehlerquelle, wenn man die Mathematik "von Hand" durchführt.
Berücksichtigung von Moden und Balanciertheit
Single-Ended vs. Differential: Wenn Sie ein balanciertes (differenzielles) DUT mit einem Single-Ended-Adapter verbinden, müssen Sie einen Balun (balanced-unbalanced) im "Path" modellieren. Die einfache Kaskadierung von S-Parameter-Matrizen unterschiedlicher Größe (z.B. 2-Port mit 4-Port) ist nicht trivial und erfordert eine korrekte Umrechnung.
3. Typische Anwendungsfälle (Wozu das Ganze?)
1. Entwurf von Anpassungsnetzwerken:
Sie haben einen Transistor (DUT) gemessen. Er hat eine schlechte Anpassung (hohes S11). Sie entwerfen ein Anpassungsnetzwerk (z.B. mit LC-Elementen) und verwenden Path-Equip, um die Performance des Transistors mit diesem Netzwerk vorherzusagen, ohne es physisch bauen zu müssen.
2. Vorhersage der Systemperformance:
Ihr Verstärker (DUT) wird im System über einen langen Kabelweg betrieben. Sie messen die S-Parameter des Kabels und wenden Path-Equip an, um zu sehen, wie sich die Verstärkung und Stabilität durch die Kabeldämpfung und -reflexion verändern.
3. Virtuelle Verschiebung der Messebene:
Sie haben ein Modul gemessen, möchten aber die Performance an einer anderen Stelle im System wissen. Sie "verschieben" die Messebene virtuell durch Hinzufügen des Pfadmodells dazwischen.
4. Tipps und Best Practices
Validieren Sie Ihr Path-Equip-Verfahren!
Der wichtigste Tipp: Bauen Sie eine Teststruktur, die Sie sowohl messen als auch simulieren können.
Beispiel: Messen Sie DUT + Adapter physisch.
Dann messen Sie das DUT alleine (de-embedded) und den Adapter alleine.
Führen Sie dann das Path-Equip am de-embeddeden DUT mit dem Adapter-Modell durch.
Das Ergebnis des Path-Equip muss mit der direkten Messung von DUT+Adapter übereinstimmen. Wenn nicht, stimmt entweder das De-Embedding oder das Adapter-Modell nicht.
Verwenden Sie hochwertige Modelle für den "Path":
Bevorzugen Sie gemessene oder EM-simulierte S-Parameter für den Adapter gegenüber einfachen Längenmodellen, besonders above ~5 GHz.
3. Überprüfen Sie Stabilität (für aktive Bauteile):
Führen Sie eine Stabilitätsanalyse (Rollet-Faktor / µ-Faktor) sowohl für das nackte DUT als auch für das DUT mit "gepath-equippten" Adaptern durch. So sehen Sie, ob die Verbindung Schwingneigungen verursacht.
4. Achten Sie auf die Port-Reihenfolge:
Bei der Kaskadierung in Softwaretools muss die Port-Reihenfolge der Netzwerke korrekt verbunden sein. Ein häufiger Fehler ist die Vertauschung von Input und Output.
Zusammenfassung
Path-Equip nach dem De-Embedding ist die mächtige Möglichkeit, das Verhalten einer Komponente in einer virtuellen Umgebung vorherzusagen. Die größte Herausforderung und wichtigste Besonderheit ist die absolute Abhängigkeit von der Qualität der Modelle für die hinzugefügten Pfade. Eine rigorose Validierung anhand bekannter Teststrukturen ist unerlässlich, um sich auf die Ergebnisse verlassen zu können.
Wie eine rigorose Validierung anhand bekannter Teststrukturen durchzuführen ist
Eine rigorose Validierung ist der einzige Weg, um sicherzustellen, dass Ihr gesamter Mess-, De-Embedding- und Path-Equip-Prozess korrekt funktioniert. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Sie das durchführen.
Grundprinzip der Validierung
Sie bauen eine Teststruktur, deren endgültiges Verhalten Sie direkt und genau messen können. Dann vergleichen Sie dieses gemessene Ergebnis mit dem vorhergesagten Ergebnis, das Sie durch die Kombination von De-Embedding und Path-Equip erhalten. Stimmen beide überein, ist Ihr Prozess validiert.
Die ideale Validierungsstruktur ist die Thru-Verbindung.
Schritt-für-Schritt Validierungsprozess (am Beispiel einer "Thru"-Struktur)
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Leitung ("Thru") auf Ihrem Substrat, die zwei Anschluss-Pads verbindet.
Ziel: Validieren, dass Sie die Pad-Effekte korrekt entfernen (De-Embedding) und wieder hinzufügen (Path-Equip) können.
Phase 1: Das "Goldstandard"-Referenzergebnis messen
1. Designen und Fertigen Sie eine "Thru-Line"-Struktur. Diese sollte exakt den Aufbau haben: `Pad - Leitung - Pad`.
2. Führen Sie eine hochpräzise Kalibrierung durch, die die Messebene so nah wie möglich an die Spitzen Ihrer Probes bringt (z.B. LRM/LRRM). Dies minimiert unmodellierte Fehler.
3. Messen Sie die S-Parameter dieser gesamten Thru-Struktur. Nennen wir dieses Ergebnis `S_measured_thru`.
Dies ist Ihr "Goldstandard" oder Ihre "Wahrheit". Dies ist das reale Verhalten der Pad-Leitung-Pad-Struktur.
Phase 2: Den "reinen" DUT charakterisieren (De-Embedding)
Jetzt wollen Sie die Pad-Effekte entfernen, um die reine Leitung zu erhalten.
4. Messen Sie die De-Embedding-Teststrukturen:
`Open`: Misst die Kapazität der Pads (und deren Kopplung untereinander).
`Short`: Misst die Induktivität der Pads und ihrer Zuleitungen.
(Optional, aber besser: `Open`, `Short`, und einen eigenen `Thru` für 4-Port-Methoden).*
5. Wenden Sie Ihr De-Embedding-Verfahren (z.B. Open-Short) auf die gemessene Thru-Struktur (`S_measured_thru`) an.
6. Sie erhalten die S-Parameter der reinen, pad-freien Leitung. Nennen Sie dieses Ergebnis `S_dut_deembedded`.
Plausibilitätscheck: `S_dut_deembedded` sollte wie eine nahezu ideale Leitung aussehen: Sehr niedrige Reflexion (S11, S22 ~ 0) und eine lineare Phase in S21.
Phase 3: Die Pad-Effekte wieder hinzufügen (Path-Equip)
Jetzt machen Sie den umgekehrten Schritt. Sie nehmen die reine Leitung und setzen sie virtuell wieder zwischen die Pads.
7. Erstellen Sie ein Modell der Pads.
Wie? Die gemessenen `Open`- und `Short`-Strukturen definieren das elektrische Modell Ihrer Pads. Aus diesen Messungen extrahiert Ihr De-Embedding-Algorithmus implizit ein Pad-Modell (als eine 4-Port-Netzwerkdarstellung). Sie müssen dieses Modell "exportieren" oder für den Path-Equip verfügbar machen. In vielen Tools (IC-CAP, ADS) geschieht dies automatisch, wenn Sie die De-Embedding-Strukturen definieren.
Nennen Sie dieses Pad-Modell `S_model_pads`.
8. Führen Sie den Path-Equip durch. Mathematisch kaskadieren Sie die Modelle:
`Pad_L -> Reine_Leitung -> Pad_R`
In der Praxis wählen Sie in Ihrer VNA-Software oder Simulationssoftware die Option "Embedding" oder "Fixture Simulation" und wählen `S_model_pads` für Port 1 und Port 2 aus. Das Tool fügt sie automatisch korrekt an `S_dut_deembedded` an.
9. Sie erhalten ein vorhergesagtes Ergebnis für die gesamte Thru-Struktur. Nennen Sie dieses Ergebnis `S_predicted_thru`.
Phase 4: Der kritische Vergleich (Validation)
10. Vergleichen Sie `S_predicted_thru` (aus Schritt 9) mit `S_measured_thru` (aus Schritt 3).
Was Sie sehen wollen: Eine nahezu perfekte Übereinstimmung über den gesamten Frequenzbereich.
Vergleichen Sie insbesondere:
Magnitude von S21: Die Dämpfung sollte identisch sein.
Phase von S21: Die Phasenverläufe sollten überlappen.
Smith-Diagramm von S11 und S22: Die Impedanzen sollten gleich aussehen.
Bewertung der Ergebnisse und Fehleranalyse
Perfekte Übereinstimmung: Ihr De-Embedding- und Path-Equip-Prozess ist rigoros validiert. Sie können sich auf die Ergebnisse für unbekannte DUTs verlassen.
Geringe Abweichungen (z.B. < 0.1 dB, < 1° Phase): Das ist oft die beste erreichbare Genauigkeit. Akzeptabel für die meisten Anwendungen.
Große Abweichungen: Ihr Prozess hat einen Fehler. Mögliche Ursachen:
Schlechtes Pad-Modell: Die Open/Short-Strukturen bilden die Pads nicht genau genug nach (z.B. aufgrund von EM-Kopplung, die im Modell nicht erfasst wird).
Ungenaue Kalibrierung: Die ursprüngliche Kalibrierung war fehlerhaft.
Fehler im De-Embedding-Algorithmus: Z.B. die Annahme von lumped elements bei zu hohen Frequenzen.
Reproduzierbarkeitsproblem: Die Probes wurden zwischen den Messungen der einzelnen Strukturen bewegt.
Erweiterte Validierung für Path-Equip mit externen Adaptern
Um die reine Path-Equip-Funktionalität (ohne De-Embedding) zu testen:
1. Messen Sie eine bekannte Komponente (z.B. eine Dämpfungsglied) direkt. Dies ist `S_measured_dut`.
2. Messen Sie einen physischen Adapter (z.B. ein Kabel) separat und sehr genau. Dies ist `S_model_adapter`.
3. Schließen Sie die Komponente und den Adapter physisch an und messen Sie die Kaskade. Dies ist `S_measured_cascade`.
4. Führen Sie Path-Equip durch: Wenden Sie das Adapter-Modell (`S_model_adapter`) auf die direkte Messung der Komponente (`S_measured_dut`) an, um `S_predicted_cascade` zu erhalten.
5. Vergleichen Sie `S_predicted_cascade` mit `S_measured_cascade`.
Zusammenfassung des Validierungsflusses
Diese Methode ist der beste Praxisführer, um absolute Sicherheit in Ihre Hochfrequenzmessungen zu bekommen.
Wie baue ich eine Teststruktur, deren endgültiges Verhalten ich direkt und genau messen kann.
Der Aufbau einer geeigneten Teststruktur ist die Grundlage für eine erfolgreiche Validierung. Hier ist eine detaillierte Anleitung, wie Sie eine solche Struktur für Hochfrequenzmessungen (bis 33 GHz) konzipieren, designen und aufbauen.
Grundprinzip
Sie benötigen eine Struktur, die:
1. Einfach und gut modellierbar ist (ihr theoretisches Verhalten ist bekannt).
2. Die gleichen parasitären Effekte wie Ihre echten, komplexeren DUTs aufweist (gleiche Pads, Zuleitungen).
3. Sich direkt und hochpräzise vermessen lässt.
Die beste Struktur, die diese Kriterien erfüllt, ist eine Transmissionsleitung ("Thru") mit genau definierter Geometrie.
Schritt-für-Schritt Anleitung
Phase 1: Definition der Anforderungen
1. Frequenzbereich: Legen Sie fest, bis zu welcher Maximalfrequenz Sie validieren möchten (in Ihrem Fall 33 GHz).
2. Substrat: Wählen Sie das exakt gleiche Substratmaterial, das Sie auch für Ihre finalen Schaltungen verwenden (z.B. Rogers RO4003C, FR4, Hochresistives Silizium). Die dielektrischen Eigenschaften (ε_r, tan δ) sind kritisch.
3. Technologie: Definieren Sie die exakten Layer-Abmessungen:
* Leiterbahndicke
* Dielektrikumsdicke zwischen Signalleitung und Ground-Ebene
* Oberflächenbeschaffenheit (Gold, ENIG)
Phase 2: Electromagnetic (EM) Simulation - Bevor Sie etwas bauen!
Bevor Sie einen Cent in die Fertigung stecken, simulieren Sie Ihre Teststruktur. Das spart Zeit und Geld.
Wählen Sie eine Leitungslänge (L):
Nicht zu kurz: Sie muss lang genug sein, um messbare Effekte zu zeigen. Eine elektrische Länge von 90° bei Ihrer Maximalfrequenz ist ein guter Startpunkt. Bei 33 GHz auf einem typischen Substrat (ε_eff ≈ 4) entspricht das ca. 6-8 mm.
Nicht zu lang: Sehr lange Leitungen haben hohe Dämpfung, was die Messung ungenau machen kann.
Tipp: Bauen Sie mehrere Leitungen mit unterschiedlichen Längen (z.B. 2 mm, 5 mm, 10 mm) auf demselben Chip. Dies erlaubt eine noch robustere Validierung.
Designen Sie die Anschluss-Pads:
Diese müssen identisch zu den Pads Ihrer komplexen DUTs sein (Größe, Abstand, Geometrie).
Der Standardabstand für GSG (Ground-Signal-Ground) Probes ist z.B. 150 µm oder 100 µm.
Wichtig: Die Pads müssen für Ihre Probes kontaktierbar sein.
Simulieren Sie die komplette Struktur in einem EM-Simulator (z.B. Ansys HFSS, CST-Studio, Sonnet):
Simulieren Sie die gesamte Struktur: Pad_L - Leitung - Pad_R.
Extrahieren Sie die S-Parameter dieser Gesamtstruktur. Dies ist Ihr simulierter Goldstandard (`S_sim_thru`).
Validieren Sie Ihr Simulationsmodell: Vergewissern Sie sich, dass die simulierten Ergebnisse physikalisch plausibel sind (z.B. lineare Phase).
Phase 3: Design des Maskensatzes (Layout)
Das Layout ist kritisch. Platzieren Sie alle Strukturen nah beieinander, um Prozessschwankungen zu minimieren.
Essentielle Strukturen auf dem Maskensatz:
Die "Thru"-Struktur (Ihr Validation Device): Die Pad-Leitung-Pad-Verbindung.
De-Embedding Strukturen (MUST-HAVE):
Open ("Open"): Die Pads ohne jegliche Verbindung dazwischen. Dient zur Charakterisierung der Parallel-Kapazität.
Short ("Short"): Die Pads, die mit einem möglichst niederinduktiven Kurzschluss (z.B. Via zur Ground-Ebene direkt am Pad) verbunden sind. Dient zur Charakterisierung der Serien-Induktivität.
Thru ("Thru" für 4-Port-Methoden): Eine sehr kurze direkte Verbindung zwischen den Pads. Diese ist für robustere De-Embedding-Methoden nötig.
3. Optional, aber hochwertig: TRL-Strukturen:
Thru (T): Eine Leitung mittlerer Länge.
Reflect (R): Identisch zum "Short" oder "Open".
Line (L): Eine Leitung, die sich deutlich in der Länge vom "Thru" unterscheidet (typischerweise 90° Phasenunterschied bei der Mittenfrequenz).
4. Eine "Dummy"-Struktur: Ein einfaches, gut verstandenes Bauteil wie ein Serienwiderstand oder eine MIM-Kapazität. Dies dient als zusätzlicher, unabhängiger Validierungspunkt.
Layout-Tipps:
* Platzieren Sie alle Strukturen in unmittelbarer Nähe zueinander.
* Sorgen Sie für eine gute, konstante Ground-Ebene.
* Vermeiden Sie unnötige Diskontinuitäten (scharfe Ecken).
Beispiel eines Maskenlayouts
+-------------------------------------------------------------------+
| Substrat/Die |
| |
| +-------------+ +-------------+ +-------------+ |
| | OPEN | | SHORT | | THRU_D | (De-Embedding)|
| | (nur Pads) | |(Pads+Via) | |(kurz) | |
| +-------------+ +-------------+ +-------------+ |
| |
| +---------------------------------------------+ |
| | THRU_LONG | (Validation DUT)|
| | (Pad - 5mm Leitung - Pad) | |
| +---------------------------------------------+ |
| |
| +-------------+ +-------------+ |
| | THRU | | LINE | (TRL-Kalibrierung)|
| | (5mm) | | (8mm) | |
| +-------------+ +-------------+ |
| |
| +-------------+ |
| | RESISTOR | (Dummy-Element) |
| +-------------+ |
| |
+-------------------------------------------------------------------+
Phase 4: Fertigung und Messung
Fertigung: Lassen Sie die Strukturen bei einem zuverlässigen Foundry oder Leiterplattenhersteller fertigen. Konsistenz ist key.
Hochpräzise Messung:
Thermische Stabilisierung: Warten Sie, bis VNA und Prober stationär sind.
Korrekte Kalibrierung: Führen Sie eine LRM/LRRM-Kalibrierung auf einem hochwertigen Impedanzstandard-Substrat (ISS) durch.
Messreihenfolge: Messen Sie alle Strukturen (Open, Short, Thru, Thru_Long, Resistor) in einer einzigen Session, ohne die Probes abzusetzen.
Kontaktqualität: Achten Sie auf konsistenten Kontaktdruck und -position.
Zusammenfassung: Die perfekte Teststruktur...
... ist eine einfache, gut verstandene Transmission Line.
... wird vor der Fertigung EM-simuliert.
... wird zusammen mit allen notwendigen De-Embedding-Strukturen (Open, Short, Thru) auf demselben Substrat gefertigt.
... wird unter identischen, hochpräzisen Bedingungen vermessen wie die späteren unbekannten DUTs.
Erst wenn Sie mit dieser Teststruktur nachweisen können, dass `S_gemessen` = `S_(deembedded -> pathequipped)` ist, können Sie Ihrem gesamten Mess- und Modellierungsprozess für komplexe Bauteile vertrauen.
Literatur über Besonderheiten vom Path-Equip-Messungen bei hohen Frequenzen
Hier ist eine Zusammenstellung von Literatur, die sich speziell mit den Besonderheiten, Herausforderungen und fortgeschrittenen Methoden von Path-Equip (Embedding/De-Embedding) bei hohen Frequenzen befasst.
A. Wissenschaftliche Fachartikel (Sehr detailliert, theoretische Grundlage)
Diese Papiere behandeln die mathematischen und praktischen Grenzen der Methoden.
1. Titel - The Error in Thru-De-Embedding Caused by Pad-Parasitic Coupling
Autoren: J. Gao, C. L. Law, H. Wang et al.
Veröffentlichung: IEEE Microwave and Wireless Components Letters, Vol. 13, No. 3, March 2003
Link: [IEEE Xplore](https://ieeexplore.ieee.org/document/1182767)
Relevanz: Zeigt einen kritischen Fehler in einfachen Open-Short-Methoden auf: Die Kopplung zwischen den Pads wird nicht berücksichtigt, was bei hohen Frequenzen zu erheblichen Fehlern führt. Direkt relevant für die Modellierung der "Fixture" beim Path-Equip.
2. Titel: - A General Four-Port De-embedding Method for High-Frequency Modeling of On-Wafer Components
Autoren: A. M. M. C. de S. Moreira, W. Batista, C. Le Roy et al.
Veröffentlichung: 2010 IEEE MTT-S International Microwave Symposium
Link: [IEEE Xplore](https://ieeexplore.ieee.org/document/5517971)
Relevanz: Stellt eine robustere Methode vor, die die Fixture als 4-Port-Netzwerk modelliert. Dies ist die Grundlage für genaues Embedding/De-Embedding, da es verteilte Effekte und Kopplungen erfasst.
3. Titel - Accuracy Improvement of De-embedding Using the Multiline TRL Calibration
Autoren: Z. Feng, V. G. Deivasigamani, J. J. Yan et al.
Veröffentlichung: 2018 IEEE MTT-S International Microwave Symposium
Link: [IEEE Xplore](https://ieeexplore.ieee.org/document/8419380)
Relevanz: Diskutiert die Verwendung von TRL (Thru-Reflect-Line) als Referenz, um einfachere De-Embedding-Methoden zu validieren und deren Fehler zu quantifizieren. Essentiell für die Validierung Ihres Path-Equip-Prozesses.
B. Application Notes & Whitepapers der Messtechnik-Hersteller (Praxisfokus)
Diese Dokumente erklären die Umsetzung in der realen Messung.
4. Firma: Keysight Technologies
Titel: De-embedding and Embedding S-Parameter Networks Using a Vector Network Analyzer
Relevanz: Ein Klassiker. Erklärt die Grundprinzipien des Embeddings (Path-Equip) und De-Embeddings sehr klar, auch wenn es die fortgeschrittenen Herausforderungen bei >30 GHz nur anreißt. Perfekter Ausgangspunkt.
5. Firma: FormFactor (ehemals Cascade Microtech)
Titel: Advanced Modeling, De-embedding and Parameter Extraction of High-Frequency Devices
Link: (Durchsuchen Sie die FormFactor-Website nach Whitepapers oder sehen Sie sich diesen ähnlichen Artikel an: [ResearchGate](https://www.researchgate.net/publication/224574299_Advanced_modeling_de-embedding_and_parameter_extraction_of_high-frequency_devices))
Relevanz: Kommt von einem Hersteller von On-Wafer-Probersystemen. Geht spezifisch auf die Herausforderungen bei der Charakterisierung von Transistoren und Passiven bei hohen Frequenzen ein, inklusive der Fehleranalyse.
6. Firma: Maury Microwave
Titel: De-embedding and Embedding
Relevanz: Bietet eine gute Übersicht über die verschiedenen Methoden und deren Anwendungsbereiche, auch aus Sicht der Koaxialmesstechnik.
C. Bücher (Umfassende Behandlung)
7. Titel: Microwave De-embedding: From Theory to Applications
Herausgeber: G. Dambrine, F. Danneville
Verlag: Academic Press, 2013
Link: [Elsevier](https://www.sciencedirect.com/book/9780124017009/microwave-de-embedding)
Relevanz: Dies ist DAS Standardwerk zum Thema. Das gesamte Buch ist dem Problem gewidmet. Kapitel zu "Fixture-Disembedding" und "Non-Ideal Standard Models" gehen direkt auf die Path-Equip-Problematik bei hohen Frequenzen ein. Unverzichtbar für ein tiefes Verständnis.
8. Titel: Handbook of Microwave Component Measurements: with Advanced VNA Techniques
Autor: J. J. Martens
Verlag: Wiley, 2020
Relevanz: Enthält praxisnahe Kapitel über Kalibrierung, De-Embedding und die Fehleranalyse von Messungen. Martens behandelt sehr klar die Grenzen der Modelle.
D. Suchstrategien für eigene Recherchen:
Um weitere aktuelle Papiere zu finden, nutzen Sie akademische Suchmaschinen mit präzisen Begriffen:
In IEEE Xplore Digital Library:
`"fixture de-embedding" AND "high frequency"`
`"embedding technique" AND "millimeter-wave"`
`"on-wafer calibration" AND "accuracy" AND "40 GHz"`
`"four-port de-embedding"`
`"TRL calibration" AND "validation"`
In Google Scholar:
`"parasitic coupling" de-embedding`
`"measurement accuracy" microwave frequencies de-embedding`
Zusammenfassend:
Beginnen Sie mit der Keysight Application Note (#4) für einen praxisnahen Einstieg. Für die theoretischen Grenzen und fortschrittlichen Methoden sind die wissenschaftlichen Artikel (#1, #2, #3) und das Buch "Microwave De-embedding" (#7) die besten Quellen. Diese Kombination gibt Ihnen ein vollständiges Bild der Besonderheiten von Path-Equip-Messungen bei hohen Frequenzen.



